Adoptionen: Kontrolle und Verweigerung

Mit dieser Veröffentlichung möchten wir Eure/Ihre Aufmerksamkeit auf die Empfehlung des Raad van Strafrechtstoepassing en Jeugdbescherming (deutsche Übersetzung: Rat für die Strafrechtsanwendung und Jugendschutz) aus 2016 lenken.

Leider wurde er durch den Minister für Sicherheit und Justiz ad acta gelegt. Nichtsdestotrotz wurde der Bericht bei der Allgemeinen Anhörung am 24. Januar durch die anwesenden Parlamentarier erneut thematisiert. Es wird angenommen, dass einige Fragen, die dort aufkamen noch nicht ausreichend geklärt wurden und es wurden erhebliche Bedenken in Hinblick auf die Ergebnisse des Berichts geäußert. UAI befürwortet den Bericht des RSJ uneingeschränkt. Gerne erläutern wir die wesentlichen Aussagen des 98 Seiten langen Berichts „Nachdenken über internationale Adoption“.

Raad voor Strafrechtstoepassing en Jeugdbescherming (RSJ) / Rat für die Strafrechtsanwendung und Jugendschutz

Der Minister für Sicherheit und Justiz bat den RSJ eine Empfehlung für eine Reihe möglicher Zukunftsszenarien des internationalen Adoptionssystems auszusprechen. Andersson Elffers Felix (AEF) wurde damit beauftragt, diese Zukunftsszenarien zu entwickeln. Diese vier Szenarien gehen vom derzeitigen System der internationalen Adoption aus und nehmen Bezug auf dessen Leitung und Kontrolle.

Szenarien

Der AEF Bericht stellt vier Szenarien vor

  • Szenario 1: „Optimierung des derzeitigen Models“ Dieses Szenario bleibt so eng wie möglich beim Status quo. Alle Beteiligten behalten ihre Rollen unverändert bei. Der Kern dieser Variante ist eine eigeninitiierte Verhaltensänderung bei den jeweiligen Parteien.
  • Szenario 2: „staatlich kontrolliertes System“ Das System wird nicht grundsätzlich reformiert. Die aktuell Beteiligten bleiben weiterhin bestehen und behalten ihre Verantwortlichkeit. Die Veränderung liegt bei der Festlegung der Verantwortungsbereiche. Der Staat setzt strenge Rahmenbedingungen, distanziert sich aber von deren Durchsetzung.
  • Szenario 3: „Weniger Akteure“ Bei dieser Variante gibt es weniger zugelassene Adoptionsvermittlungsstellen (z.B. durch eine Mindestanzahl von Matches) und die Aufsicht obliegt dem Staat
  • Szenario 4: „Öffentlicher Dienst“ In diesem Szenario wird die internationale Adoption zur öffentlichen Angelegenheit. Die gesamte Struktur wird staatlich gelenkt.

 Fazit Szenarien

Der RSJ zieht das Fazit, dass keines der vier Szenarien ausreicht, um die bereits bekannten Problemstellungen zu lösen, da diese derart sind, dass sie weder durch Veränderung der beteiligten Organisationen noch durch Kontrolle des Systems der internationalen Adoption in den Griff zu bekommen sind. Der RSJ empfiehlt daher, keines der von AEF präsentierten Szenarien zu wählen, sondern statt dessen ein fünftes Szenario in Betracht zu ziehen: „Familie im Herkunftsland“, da der RSJ die Ansicht vertritt, dass internationale Adoption nicht der beste Weg ist, diese Kinder zu schützen.

Problemstellungen

Sowohl die UN Kinderrechtskonvention (KRK) als auch die Haager Übereinkunft erklären, dass die Rechte und Interessen eines Kindes am besten gewahrt sind, wenn es von seiner Familie im eigenen Land versorgt werden kann. Dies setzt ein Jugendschutz-System im Herkunftsland voraus, das im Stande ist, Alternativen zur internationalen Adoption zu schaffen. Sehr oft ist dieses System nicht ausreichend.

  • Die Forschung zeigt außerdem, dass internationale Adoptionen sich negativ auf die Struktur des Jugendschutz-Systems im Herkunftsland auswirken. Eine unbeabsichtigte Konsequenz der internationalen Adoption ist, dass sie zur Folge hat, dass Kindern im Herkunftsland schlechter etablierte lokale Jugendschutzmaßnahmen zur Verfügung stehen als ohne die internationale Adoption.
  • Finanzielle Interessen sind auch ein Faktor bei der internationalen Adoption. Sie bergen das Risiko illegaler und unerwünschter Praktiken.
  • Diese Risiken erhöhen den Bedarf an Beaufsichtigung. Dennoch ist die Kontrolle des Adoptionsprozesses und Einhaltung der Haager Konvention minimal.
  • Dies sind Probleme, die in einigen Ländern (China, die USA und EU-Mitgliedsstaaten) spezifisch sind.
  • Es gibt sehr viel Kritik an der Qualität des Adoptionsprozesses.
  • Das Wohl adoptierter Kinder kann unter unsicherer Bindung leiden.

Ergänzend zu den Empfehlungen zu den fraglichen Grundsätzen internationaler Adoptionen und zu den vier Szenarien, die durch AEF präsentiert wurden, empfiehlt der RSJ noch folgende Änderungen:

Abgesehen von den insgesamt fünf vorgestellten Szenarien und der Wahl des Ministers für die Zukunft, rät der RSJ zu einem sofortigen Abbruch der Kooperation mit Ländern, bei denen die Problemstellungen hochgradig spezifisch sind. Dies betrifft China (Aufsicht durch die ZA und zugelassenen Adoptionsvermittlungsstellen nicht möglich), die USA (verletzt die Absicht der Vertragsbestimmung in Bezug auf das Subsidiaritätsprinzip und die freiwillig erteilte Zustimmung) und EU-Herkunftsländer (Subsidiaritätsprinzip).

RSJ ruft den Minister dazu auf, eine Grundsatzdiskussion über Adoption mit dem Parlament zu führen und nicht nur eine Diskussion über Modelle der Kontrolle und Implementierung. Bei allen Empfindsamkeiten, die eine Diskussion über internationale Adoptionen mit sich bringt, betont der RSJ, dass diese Diskussion auf Argumenten gründen muss. Und diese Empfehlung soll einen Beitrag dazu leisten.

Internationale Adoption ist ein komplexes Thema, bei dem neben dem Interesse des Kindes auch andere Interessen eine Rolle spielen – wie z.B. das Interesse der zukünftigen Adoptiveltern. Diese unterschiedlichen Interessen machen das Thema politisch kompliziert. Der RSJ appelliert an den Minister, das Interesse der schutzbedürftigen Kinder aus den Herkunftsländern voranzustellen (auch wenn oder gerade weil sie sich nicht selbst Gehör verschaffen können). Der RSJ hofft, dass der Minister kurzfristig bereit ist, eine politische Entscheidung zu treffen, die die Rechte dieser Kinder (auf der Grundlage der UN-Kinderrechtskonvention) und damit auch die Kinder selbst besser schützt.

Der Minister entschied bis Mitte 2020 eine Reform der Rahmenbedingungen zu auf den Weg zu bringen und nicht dem Rat des RSJ zu folgen. Wir stellen daher einen Dringlichkeitsantrag, die Diskussion inhaltlich erneut zu eröffnen und das Ignorieren der Empfehlung des RSJ zu hinterfragen.

Quellen:

Raad voor Strafrechtstoepassing en Jeugdbescherming (RSJ) “Bezinning op Interlandelijk Adoptie”

https://www.tweedekamer.nl/kamerstukken/detail?id=2016Z20094&did=2016D41456

Am 4.Dezember 2017 haben wir gemeinsam mit 23 Organisationen der Vaste Kamercomissie Veiligheid und Justitie in diesem Brief unsere Unterstützung für den Bericht ausgesprochen.

http://www.unitedadoptees.org/wpcontent/uploads/2018/12/Brief-Vaste-Kamer-Commissie-Justitie-2017.pdf

Am 11. Dezember haben wir nochmal bezüglich unseres Briefs vom 4. Dezember nachgehakt http://www.unitedadoptees.org/wp-content/uploads/2018/12/Letter-UAI-December-2018-FINAL.pdf

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